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Responsibility to Protect

Die Schutzverantwortung ist ein Prinzip, das sich nicht durchsetzen konnte

01 Apr 2012, 
published in
Internationale Politik, March/April 2012

Libyen, Elfenbeinküste, Südsudan – in diesen Fällen berief sich der UN-Sicherheitsrat 2011 in seinen Resolutionen auf die Schutzverantwortung (R2P). Doch in Syrien und im Sudan geht das Morden bis heute weiter, die internationale Gemeinschaft kann sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Was sind Bilanz und Perspektiven der R2P?

Dieses Urteil kommt zu früh. Vor gut zehn Jahren, im Dezember 2001, wurde die Schutzverantwortung (Responsibility to Protect, R2P) von der International Commission on Intervention and State Sovereignty aus der Taufe gehoben. 2005 verpflichteten sich dann die Staaten in der UN-Generalversammlung darauf, dass Souveränität mit der Verantwortung einhergeht, die Bevölkerung vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschheit zu schützen. Aufgabe der viel beschworenen internationalen Gemeinschaft ist es, Staaten bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung zu unterstützen und – falls Staaten nicht imstande oder willens sind – einzugreifen. Hehre Ziele, wie sieht die Zwischenbilanz aus?

Eine Dekade ist eine kurze Zeit für das Leben einer globalen Norm, so formulierte es jüngst der UN-Sonderbeauftragte für die Schutzverantwortung, Ed Luck. Er hat Recht: Wie lange hat es bei den Menschenrechten gebraucht, bis sie politisch wirksam wurden. 1958, zehn Jahre nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, sah es für diese inmitten des sich intensivierenden Kalten Krieges düster aus. Ein Beobachter hätte sie damals leicht abschreiben können. Und dennoch entfalteten die Menschenrechte als Norm Jahrzehnte später eine durchschlagende Wirkung. Verglichen damit zündete die R2P schnell, obwohl ihr erstes Jahrzehnt von den Nachwirkungen des 11. September überschattet war.

2011 hatte die R2P ihr großes Jahr. Der Sicherheitsrat machte im März im Fall Libyen die Schutzverantwortung zum Dreh- und Angelpunkt einer weitreichenden UN-Resolution. Die NATO berief sich bei ihren monatelangen Bombardierungen gegen Gaddafi und seine Truppen beständig auf den Schutz von Zivilisten als alleinigen Interventionsgrund. Und auch in den Fällen Elfenbeinküste und Südsudan bezog sich der UN-Sicherheitsrat in Resolutionen auf die Schutzverantwortung. So wurde die globale Debatte über die richtige Anwendung und Umsetzung der R2P immer heftiger. Insbesondere Russland und China sowie einige Stimmen aus Afrika (wie der ehemalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki) setzten sich an die Spitze der Kritiker gegen eine zu weitreichende Interpretation der Schutzverantwortung. Dass die R2P zum Zentrum der Debatten um Normen in einer von massiven geopolitischen Verschiebungen geprägten Weltordnung geworden ist, zeugt von der Vitalität der Norm. Doch ob sie systematisch zur Verhinderung von Gräueltaten beitragen kann, ist eine offene Frage. Das Wegschauen ist durch die R2P sicherlich schwieriger geworden, aber es findet weiterhin statt. Anfang 2012 geht das Morden in Syrien und im Sudan weiter, ohne dass die UN-Mitgliedstaaten Abhilfe schaffen können oder wollen. Zu gering sind oft der politische Wille und Konsens, zu mickrig die Ressourcen, die gerade reiche Länder für Prävention und Intervention zu mobilisieren bereit sind.

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