Commentary

Wenn Sie sich nur eine Sache für 2025 vornehmen – dann diese

Steets 2025 Gute Vorsaetze Menschlichkeit
02 Jan 2025, 
published in
Stern

Ich bin erschöpft von einem Jahr, in dem gefühlt ständig schlechte Nachrichten auf uns eingeprasselt sind. Die Vorweihnachtszeit ließ sich durch Plätzchenbacken und Glühweintrinken noch recht gut überstehen. Doch nun steht das neue Jahr an und es scheint nicht gerade leichter zu werden: In den USA werden Trump und Musk formell die Macht übernehmen. Wie stark die demokratischen Kräfte in unserer Gesellschaft nach dem letzten Weihnachtsmarktmassaker noch sind, wird sich herausstellen. Die Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten und nicht zu vergessen im Sudan und anderen für uns abgelegeneren Gegenden werden vermutlich weitergehen oder mit guten Ergebnissen für Parteien enden, die systematisch Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Die Versuchung, auf dem Sofa liegenzubleiben und sich weiter von einem Katastrophenbericht und Doomsday-Szenario zum nächsten zu hangeln, ist groß. Im neuen Jahr mal den Balkon schön bepflanzen, ist die gesündere Alternative, die sich viele vornehmen. Doch es ist Zeit für gute Vorsätze, deshalb klebe ich drei Zettel an den Kühlschrank, warum man es nicht aufgeben sollte mit der Menschlichkeit:

  • Es gibt Dinge, die wir tun können. Ich habe den Großteil des vergangenen Jahres damit verbracht, zu untersuchen, wie wirksam humanitäre Hilfe während der letzten großen Dürre in Somalia war. Ergebnis: Unser Einsatz dort hat Zehn‑, vermutlich Hunderttausende von Kindern vor dem Tod bewahrt. Und das trotz der wirklich schwierigen Bedingungen im Land.
  • Die benötigten Mittel sind überschaubar. Die Vereinten Nationen veranschlagen knapp 48 Milliarden Dollar, um im kommenden Jahr weltweit fast 190 Millionen Menschen in humanitärer Not zu helfen. Das hört sich erstmal viel an, ist aber nur ein Zehntel des Vermögens von Elon Musk. Und weniger als der Verteidigungshaushalt oder die Ausgaben für das Bürgergeld in Deutschland allein. Es lohnt sich also dafür zu kämpfen, die nötigen Mittel zu mobilisieren – nicht nur, aber auch in Deutschland. Und es lohnt sich, weiter daran zu arbeiten, sie effektiver einzusetzen, zum Beispiel indem wir durch vorausschauendes Handeln versuchen, die schlimmsten Notlagen gar nicht erst entstehen zu lassen.
  • Es macht mich aus. Vieles von dem, was ich für gemeinsame Werte und Grundlagen unserer Gesellschaft gehalten hatte, wird momentan in Frage gestellt. Das macht es wichtiger klarzustellen, wofür man steht. Und mein Selbstverständnis kommt ohne Menschlichkeit und ohne Solidarität nicht aus. 

Und was machst Du jetzt konkret?”, fragen meine Kinder, als sie die Zettel sehen. Erstmal weiß ich noch nicht wirklich, wen ich Anfang des Jahres wählen soll. Ich werde also die Wahlprogramme danach durchsehen, ob und wie humanitäre und Entwicklungshilfe dort vorkommen. Und dann werde ich auf die Suche gehen, wen ich direkt unterstützen kann. Durch meine Arbeit treffe ich immer wieder Menschen vor Ort, die mit kleiner finanzieller Unterstützung wichtige Veränderungen anstoßen können. Und seit es GiveDirectly​.org gibt, kann solche Kontakte jeder von zu Hause aus finden und unterstützen.


This commentary was originally published by Stern​.de on January 12025.