Deutsches 5G-Netz mit Huawei – eine sichere Sache?
Dieser Kommentar erschien als Teil des Formats „Pro & Contra“ in der Ausgabe Q1/2020 des VBKI Spiegel. Darin argumentiert Thorsten Benner für die Contra-Position. Beide Seiten der Debatte können Sie hier nachlesen.
Contra
Ein nicht nach objektiven Standards herbeigeführter Ausschluss, der rein politisch motiviert ist und mutmaßlich auch auf Druck aus dem Ausland erzwungen wird das Verhältnis zwischen Deutschland und China belasten“. So droht die chinesische Handelskammer in Deutschland der Bunderegierung in der Debatte darum, ob chinesische Hochrisikoanbieter wie Huawei und ZTE die Technologie für das deutsche 5G-Netzwerk liefern dürfen. Kern der Botschaft der Handelskammer ist, dass deutsche Unternehmen in China mit Repressalien rechnen müssen, sollte die Regierung Huawei ausschließen. Und das ist keine leere Drohung, das haben Parteistaatsvertreter der deutschen Regierung und Wirtschaft unmißverständlich klargemacht.
China kann Deutschland hier empfindlich treffen. Konzerne wie Siemens, Volkswagen, Daimler und BMW sind vom chinesischen Markt stark abhängig. So verkauft Volkswagen etwa jedes vierte Fahrzeug weltweit in China. Diese Abhängigkeit benutzt China unverhohlen als politische Waffe. Und bei Bundeskanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Altmaier haben sie damit Erfolg. Beide setzen sich für eine Politik der offenen Tür gegenüber Huawei beim Aufbau der kritischen Infrastruktur 5G ein.
Sie setzen sich damit über Bedenken der Geheimdienste hinweg. BND-Chef Bruno Kahl etwa warnte ausdrücklich davor, Huawei beim Aufbau der „entscheidenden kritische Infrastruktur der Zukunft“ zu vertrauen. Der chinesische Parteistaat könnte im Konfliktfall mit den USA Huawei anweisen, Sabotageangriffe auf das 5G-Netz amerikanischer Verbündeter zu unternehmen. Der Parteistaat hat dieses Recht zum Durchgreifen, kein Unternehmen ist in China davor gefeit. Und kein von Huawei bestelltes Rechtsgutachten kann darüber hinwegtäuschen, dass es in China keinen Rechtsstaat gibt, sondern nur die Partei. Genau deshalb haben Staaten wie Australien entscheiden, Huawei bei 5G nicht zum Zug kommen zu lassen.
Auch ist Merkels Position wettbewerbs- und technologiepolitische falsch. Die Bundesregierung, insbesondere Wirtschaftsminister Altmaier, redet gern von europäischer „technologischer Souveränität“. Anders als bei anderen Technologien hat Europa bei 5G den Luxus, mit Ericsson und Nokia zwei führende Technologieanbieter zu haben. Diese befinden sich in einem sehr unfairen Wettbewerb mit Huawei, das von der Förderung durch den chinesischen Staatskapitalismus profitiert. Nokia & Ericsson brauchen einen starken Heimatmarkt, um gegen Huawei bestehen zu können. Nur so können wir sicherstellen, dass Europa auch zukünftige eigene technologische Fähigkeiten in diesem kritischen Bereich hat.
Anders als Huawei gern behauptet, hinken sie technologisch nicht hinterher und haben auch keine Lieferschwierigkeiten (die Huawei durch US-Sanktionen drohen). Auch sind die mit einem Ausschluss Huaweis verbundenen Mehrkosten überschaubar. Auch ist die Sorge vor sicherheitsanfälligen Monokulturen unbegründet. Auch ohne Huawei bleiben mit Nokia, Ericsson und Samsung drei große Anbieter. Es gibt außer Angst vor Vergeltung keinen Grund, warum wir auf Huawei setzen sollten. Wenn wir aus Angst unsere Sicherheit und technologische Souveränität aufs Spiel setzen, sendet dies ein fatales Signal an den chinesischen Parteistaat. Die Machthaber in Peking wüßten dann, dass uns Sicherheit und Freiheit nichts wert sind und wir leicht erpressbar sind.
This commentary was originally published as part of the regular series „Pro & Contra“ in the Q1/2020 edition of VBKI Spiegel on January 14, 2020.